Trotz Milliardenvermögen und Spitzenwerten im Italienvergleich zeigt sich hinter der glänzenden Fassade ein anderes Bild: Während Südtirol statistisch reicher ist denn je, kann mehr als die Hälfte der Bevölkerung kaum etwas sparen – ein Wohlstand, der im Durchschnitt glänzt, im Alltag aber bröckelt.

Das Nettovermögen der Südtiroler:innen beträgt in Summe 189 Mrd. €. Hervor geht dies aus Daten der italienischen Nationalbank Banca d’Italia mit Stand 31.12.2023. Den Löwenanteil des Nettovermögens bildet das Sachvermögen (129,4 Mrd. €) mit einem Anteil von zirka zwei Drittel. Schlüsselt man dieses weiter auf, so entfallen 90,3 Mrd. € auf Wohnungen und 39,1 Mrd. € auf Sachwerte wie gewerbliche Gebäude, Grundstücke und weitere Sachgüter. Die zweite Vermögenskomponente, das finanzielle Vermögen, wird in Summe mit 74,3 Mrd. € beziffert. Der größte Teil entfällt in Südtirol auf Wertpapiere, Aktien, Beteiligungen und Investmentfonds (38,9 Mrd. €). 22,2 Mrd. € machen Bargeld, Spareinlagen und Sparbriefe aus. Restposten wie Vorsorge- und Versicherungsrücklagen stellen 13,1 Mrd. €. Gleichzeitig sind die Südtiroler:innen jedoch auch verschuldet und zwar in Summe im Ausmaß von 14,7 Mrd. €. Die Darlehen machen hier 11,2 Mrd. € aus und Privatkredite 3,5 Mrd. €.

Was bedeutet das pro Kopf?

Rechnet man diese Zahlen auf die Südtiroler Bevölkerung um, so ergibt dies ein Netto-Gesamtvermögen von 352.800 € pro Kopf. Dieses setzt sich aus Sachvermögen im Wert von 241.600 € und Finanzvermögen von 138.600 € zusammen, wobei jeder Südtiroler gleichzeitig mit insgesamt 27.400 € in der Kreide steht.

Sowohl im Vergleich mit der Nachbarprovinz Trient als auch mit dem gesamtstaatlichen Schnitt hebt sich Südtirol deutlich positiv ab. Die Zahlen: Beim Netto-Gesamtvermögen pro Kopf liegt Südtirol (wie erwähnt, 352.800 €) ganze 84% über dem gesamtstaatlichen Wert (191.300 €) – Trient (292.800 €) rund 53% darüber. Der Faktor, der den größten Unterschied ausmacht, ist das Sachvermögen. Hier hebt sich Südtirol (wie erwähnt, 241.600 €) vom nationalen Schnitt (112.400 €) um mehr als 100% deutlich ab, während Trient (199.800 €) den Italienwert um 78% übertrifft. Beim finanziellen Vermögen übertrifft Südtirol (138.600 €) den nationalen Wert (96.500 €) um 44%, Trient (114.300 €) übertrifft ihn um 18%. Die durchschnittliche Verschuldung liegt italienweit bei 17.600 € pro Kopf. Die Südtiroler stehen im Schnitt mit 27.400 € in der Kreide (56% über dem gesamtitalienischen Schnitt), die Trientner liegen mit 21.300 € rund 21% darüber.

Der Wohlstand – nur eine Durchschnittsillusion?

Trotz aller Rekordzahlen gilt auch hier die alte Metapher vom Mann mit zwei Hühnern und dem Mann ohne Hühner: Im Schnitt haben sie beide ein Huhn, in Wirklichkeit aber ist die Verteilung höchst ungleich. Nicht anders ist es auch beim Vermögen bzw. mit den Chancen, Vermögen aufzubauen: Laut AFI-Barometer sehen sich nur 44% der befragten Arbeitnehmenden in der Lage, in den kommenden 12 Monaten etwas Geld auf die hohe Kante zu legen, 56% geben an, dass dies nicht möglich sein werde. Internationale Studien belegen deutlich: Das Problem ist weniger die ungleiche Verteilung der Einkommen, sondern vielmehr der Vermögen. Vieles spricht dafür, dass dies in Südtirol nicht anders gelagert ist.

Prekäre Datenlage zur Einkommens- und Vermögensverteilung in Südtirol

Die letzten verlässlichen Daten des Landesinstituts für Statistik ASTAT zur Verteilung der Einkommen gehen auf das Jahr 2018 zurück. Ausgereifte Analysen, welche die Verteilung der Vermögen in den Blick nehmen, fehlen gänzlich. „Es wäre wichtig, ein aktuelles Bild der Situation zu erhalten“, wirft AFI-Direktor Stefan Perini ein, „auch in Hinblick auf die Reformbestrebungen der Südtiroler Sozialbeihilfen und als Wissensgrundlage für das Armutsnetzwerk Südtirol.“

Pressemitteilung

Grafik

WordPress Cookie Plugin von Real Cookie Banner