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Im Frühjahrsbarometer ermittelt das AFI auch immer die Zufriedenheit am Arbeitsplatz, die Bewertung von Belastungs- und Entlastungsfaktoren und die Einschätzung der körperlichen und geistigen Fitness. Die Zufriedenheit am Arbeitsplatz hat in den letzten drei Jahren von hohem Niveau aus etwas abgenommen. Die Verschlechterung zeigt sich quer durch alle Indikatoren, am stärksten aber was die Weiterbildungsmöglichkeiten, den Führungsstil des Vorgesetzten und das Ansehen der Arbeitnehmer in der Gesellschaft anbelangt. Ein steigender Anteil an Arbeitnehmern (62%) glaubt hingegen, mit 65 Jahren noch den derzeitigen Beruf ausüben zu können. Als zentrale Maßnahmen zur Verlängerung des Arbeitslebens werden folgende angesehen: weniger Stress, bessere zwischenmenschliche Beziehungen, faire Einkommen.


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Die internationale wirtschaftliche Erholung setzt sich fort und der Arbeitsmarkt in Südtirol zeigt sich zusehends freundlicher. Gleichzeitig verharren die Stimmungsindikatoren, welche die wirtschaftliche Situation der Arbeitnehmerfamilien beschreiben, weitgehend auf unverändertem Niveau. AFI-Direktor Stefan Perini: „Der wirtschaftliche Aufschwung festigt sich – Südtirols Arbeitnehmer haben im Moment aber eher wenig davon.“

Im Frühjahr 2017 expandiert die Weltwirtschaft recht kräftig, relativ unbeeindruckt von steigenden geopolitischen Risiken: Die Aktienmärkte ziehen seit Herbst 2016 an. Im Euro-Raum bleibt das Zinsniveau unverändert niedrig. Die Inflation ist, bedingt durch den steigenden Rohölpreis, wieder auf Normalniveau. Doch die Unsicherheitsfaktoren nehmen zu: geopolitische Spannungen, anhaltender Terror, gepaart mit der Unklarheit über die zukünftige politische Ausrichtung der USA und die Beziehungen zwischen der EU und Großbritannien. Mit den Wahlen in Frankreich, Deutschland und Vereinigtes Königreich bahnt sich 2017 ein Superwahljahr an. Das IMK (Institut für Makroökonomie und Konjunkturforschung) aus Düsseldorf prognostiziert für 2017 folgende Wirtschaftswachstumsraten: USA +2,0%, Eurozone +1,6%, Deutschland +1,6%, Österreich +1,8% und Italien +1,1%.

Aufschwung? Nicht für Südtirols Arbeitnehmer

Das Südtiroler Arbeitsmarktumfeld hat sich zuletzt deutlich aufgehellt und auch das wirtschaftliche Stimmungsbild lässt im längerfristigen Verlauf eine positive Tendenz erkennen. Die Indikatoren, welche die wirtschaftliche Situation der Arbeitnehmerfamilien abbilden, springen demgegenüber immer noch nicht an. Das leitet sich aus den sieben Stimmungsindikatoren ab, die das AFI-Barometer bei der Südtiroler Arbeitnehmerschaft ermittelt hat. Aktuell geben 31% der Arbeitnehmer an, nur mit Schwierigkeiten über die Runden zu kommen, weil das Geld nicht bis ans Monatsende reicht.

Arbeitsmarkt: Ein „Jobwunder“ der besonderen Art

Der Positiv-Trend am Südtiroler Arbeitsmarkt hat sich auch in den ersten Jahresmonaten 2017 fortgesetzt. Seit einigen Monaten liegt die Arbeitslosenrate wieder unter der Marke von 4 Prozent. Diese Daten allein sagen aber nur die halbe Wahrheit. Noch nie war der Anteil an Festanstellungen so gering wie derzeit: Im Jahr 1998 waren noch 82% der Arbeitsverhältnisse unbefristet und nur 18% befristet. Im Jahr 2016 machen die Festanstellungen nur mehr 74% aus, während die zeitlich befristeten Verträge auf 26% angestiegen sind. Zu berücksichtigen ist zudem, dass der Beschäftigungszuwachs ausschließlich auf dem Vormarsch von Teilzeitarbeit zurückzuführen ist. Die Vollzeit-Arbeitsverhältnisse bleiben zwischen 2002 und 2016 relativ konstant bei 140.000, die Teilzeitverhältnisse nehmen von 15.000 auf 52.000 zu.

2017: AFI hält zwischenzeitlich an Wirtschaftswachstumsprognose von +1,4% fest

Die wieder anziehende internationale Konjunktur dürfte zwar auch auf Südtirol positiv abfärben – trotzdem sind die Risikofaktoren so präsent wie noch nie. Die Südtiroler Wirtschaft begegnet diesen Herausforderungen mit einem guten allgemeinen Gesundheitszustand, mit einer gefestigt positiven Grundstimmung und einem zuversichtlichen Arbeitsmarktausblick. Dies veranlasst das AFI, an seiner Wachstumsprognose von +1,4% für die Südtiroler Wirtschaft im Jahr 2017 festzuhalten. Damit wächst Südtirols Wirtschaft zwar etwas schwächer als die der Euro-Länder im Schnitt, aber stärker als Gesamtitalien.


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Vorschau AFI-Barometer – Frühjahr 2017

Wieviel darf Wohnen kosten? Nicht mehr als 30% des monatlichen Haushaltseinkommens, sagt der größte Teil der Südtiroler Arbeitnehmerschaft. „Für uns sind die Umfrageergebnisse wichtig, weil sie an Zahlen festmachen, was Südtirols Arbeitnehmer unter ‚Leistbarem Wohnen‘ verstehen“, bekräftigt AFI-Präsidentin Christine Pichler. „Es ist auch ein klarer Hinweis an die Politik, was die Stoßrichtung sein muss, wenn es um die Novellierung der Landesgesetze für Raum und Landschaft sowie der Wohnbauförderung geht.“

Wieviel Prozent des Haushaltseinkommens dürfen die Wohnkosten maximal ausmachen, um gerade noch erträglich zu sein? Das aktuelle AFI-Barometer hat Südtirols Arbeitnehmer auch mit dieser Frage konfrontiert.

Schmerzgrenze bei 30%

Fast die Hälfte (48%) der befragten Südtiroler Arbeitnehmer sieht die Schmerzgrenze für Wohnkosten bei 30% des Haushaltseinkommens. 21% der Befragten sehen die Schmerzgrenze schon früher erreicht, nämlich bei 20% des verfügbaren Einkommens. 19% der Arbeitnehmer sehen 40% als tolerierbares Limit an. Die restlichen 12% sehen den Ausgabenanteil fürs Wohnen bei 50% oder höher. Auffallend ist, dass die Antworten der Eigenheimbesitzer und der Mieter ganz ähnlich ausfallen.

Die Unter- und Mittelschicht gibt bis zu 40% fürs Wohnen aus

Wieviel geben die Südtiroler aber effektiv fürs Wohnen aus? Eine ASTAT-Studie aus dem Jahr 2015 ermöglicht es, die Wohnungsausgaben mit dem verfügbaren Haushaltseinkommen in Bezug zu setzen. „Für jene, die in Miete sind oder ein Darlehen abzahlen, sind es im Schnitt 23% des Haushaltseinkommens“, erläutert AFI-Mitarbeiter Friedl Brancalion. Zu unterstreichen sei, dass wirtschaftlich schwächere Familien eine größere Quote des eigenen Haushaltseinkommens für Wohnkosten aufbringen müssen als besser gestellte. Brancalion weiter: „Durchschnittlich geben Südtiroler Familien mit einem jährlichen Haushaltseinkommen von weniger als 25.000€ knapp 40% des Haushaltseinkommens fürs Wohnen aus. Demgegenüber fällt der Anteil bei den Besserverdienenden auf bis zu 21%“. Ökonomisch schwächere Bevölkerungsschichten müssen also Wohnkosten tragen, die spürbar über ihrer Schmerzgrenze liegen.

 

Die hohen Wohnungspreise in Südtirol sind Ausdruck einer Reihe von Faktoren. Der allgemein hohe Lebensstandard und die hohen Ansprüche an die Bauqualität sind nach Einschätzung der Südtiroler Arbeitnehmer die ausschlaggebendsten. „Viel Überzeugungskraft wird es dagegen noch brauchen, die Südtiroler stärker zur Miete zu bewegen“, mahnt AFI-Direktor Stefan Perini. „Offensichtlich ist der finanzielle Aspekt weniger relevant als gedacht. Beweggründe für die Miete sind vielmehr die berufliche Mobilität sowie neue familiäre Bedürfnisse.“

Welche sind die Faktoren für die hohen Wohnungspreise in Südtirol und wie kann man die Südtiroler dazu bewegen, sich anstelle einer Eigentumswohnung für eine Mietwohnung zu entscheiden? Im Rahmen des aktuellen AFI-Barometers wurden Südtirols Arbeitnehmer darauf angesprochen.

Hohe Wohnungspreise: Südtiroler Lebensstandard und Ansprüche an die Bauqualität ausschlaggebend

Dass die Wohnungspreise in Südtirol im Vergleich zu anderen Gebieten im Alpenraum hoch sind, ist eine Tatsache. Noch nicht ausreichend wissenschaftlich geprüft ist, wie stark einzelne Faktoren auf die Preisbildung Einfluss nehmen. Und so sehen es Südtirols Arbeitnehmer: 89% der Befragten sind der Meinung, dass der allgemein hohe Lebensstandard in Südtirol einen „sehr starken“ bzw. „starken“ Einfluss auf die Wohnungspreise hat. Südtirols BIP pro Kopf liegt rund 30% über dem EU-Schnitt – es ist also volkswirtschaftlich nachvollziehbar, dass auch das allgemeine Preisniveau entsprechend hoch ist. 83% der Befragten sind der Meinung, dass die hohen Ansprüche an die Bauqualität einen wesentlichen Einfluss ausüben.

Offensichtlich legt der Südtiroler Wert auf Baumaterialien und -Ausführung mit Qualität und nach entsprechenden Standards – siehe Klimahouse. Dass die Unterschiede zwischen Stadt und Land die Wohnungspreise wesentlich prägen, davon sind 80% der Befragten überzeugt. 77% der Arbeitnehmer sind der Meinung, die öffentlichen Förderungen wirkten preistreibend. Die Rolle von Tourismus- und Zweitwohnungsmarkt wird von 74% als bedeutsam für die hohen Preise eingestuft. Die restriktive Raumordnung – also die geringe Verfügbarkeit von Baugrund – ist von 73% als entscheidend genannt. 67% der befragten Arbeitnehmer sehen in der Angebotskonzentration – sprich im fallweisen Vorherrschen marktbeherrschender Stellungen – einen Bestimmungsfaktor für die hohen Wohnungspreise. Der komplexen Morphologie des Territoriums – sprich die Präsenz von Hanglagen und Ähnlichem – messen 64% der Befragten eine Bedeutung zu. Ein relativ geringer Anteil an Arbeitnehmern (47%) ist der Meinung, die hohen Wohnungspreise seien Ausdruck eines zu geringen Wohnungsangebots.

Der finanzielle Aspekt allein bewegt nicht zur Miete

Arbeitgeber- und Arbeitnehmervertretungen, Politik und Sozialverbände sprechen sich im Rahmen der aktuellen Debatte über das neue Landesgesetz für Raum und Landschaft unisono für eine Stärkung des Mietmarkts aus. Was aber muss geschehen, um die Südtiroler dazu zu bewegen, die Miet- einer Eigentumswohnung vorzuziehen? Das ernüchternde Ergebnis: Für 10% der Südtiroler Arbeitnehmer ist das Mieten unter keinen Umständen vorstellbar. Doch auch abgesehen von diesem Teil an „Ultraskeptikern“ kommt für die Miete nicht wirklich große Begeisterung auf. Müssten sich Südtirols Arbeitnehmer heute zwischen Miet- oder Eigentumswohnung entscheiden, was wären dann die Faktoren, die sie zur Miete bewegen könnten? Am ehesten würde man sich für die Miete entscheiden, um neuen Job-Angeboten folgen zu können (49%). Für 48% könnte ein „sehr starker“ oder „starker“ Beweggrund für die Miete sein, dass es neue familiäre Bedürfnisse erfordern, wie im Fall von Nachwuchs oder Pflegenotwendigkeit von Verwandten. Vom Vermieter schwer kündbare Mietverträge – sprich die langfristige Sicherheit über die Wohnung verfügen zu können – sehen 42% der Befragten als bedeutend an. Nur 40% sehen in der Möglichkeit der finanziellen Einsparung einen Grund, sich fürs Mieten anstelle einer Eigentumswohnung zu entscheiden.

Zwei Details am Rande: Am ehesten sind es junge Arbeitnehmer mit weniger als 30 Jahren, die das Mieten dem Kauf einer Eigentumswohnung vorziehen. Wer bereits heute in Miete wohnt, stuft die Vorteile der Miete höher ein. Wer in einer Eigentumswohnung wohnt, ist hingegen schwer für die Miete zu begeistern. Nach wie vor scheint also das Mieten vor allem für jene attraktiv zu sein, die sich noch nicht beruflich und/oder familiär stabilisiert haben. Ist dies einmal erfolgt, ist der Traum des Eigenheims in der Bevölkerung unverändert stark verankert.

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