Branchenspiegel Stimmungsbild Sonderthema

Noch zu wenig würden sich Forschungsinstitute allerdings heute mit der Frage auseinandersetzen, wie es um die Lebenshaltungskosten in den unterschiedlichen Regionen Europas bestellt ist, merkt Perini zudem an. „Dabei müsste einleuchten, dass Statistiken über Pro-Kopf-Nominallöhne wenig aussagen, wenn sie entkoppelt von den Lebenshaltungskosten in der entsprechenden Region gelesen werden“.

Preisniveau in Südtirol 20% über dem gesamtstaatlichen Wert

Immer weniger zufrieden sind Südtirols Arbeitnehmer damit, in welchem Verhältnis ihre Gehälter zu den Lebenshaltungskosten in Südtirol stehen: 16,8% sind damit ´gar nicht zufrieden´, 38,6% ´wenig´, während 37,4% ´eher zufrieden´ und 7,3% ´sehr zufrieden´ sind. Noch nie in den letzten vier Jahren war die Zufriedenheit jedenfalls so schwach ausgeprägt wie in der diesjährigen Erhebung. Das hat das AFI veranlasst, eine Studie der Banca d’Italia betreffend die regionalen Preisniveaus in Italien zu replizieren, die noch auf Daten 2006 beruhte. Dazu AFI-Direktor Perini: „Selbst unter vorsichtigen Annahmen zeigt sich, dass das allgemeine Preisniveau in Südtirol 20% über dem gesamtstaatlichen Wert liegt.“ Regressionsmodelle zeigen auf, dass Bruttoinlandsprodukt pro Kopf und Kaufkraftparitäten sehr stark korrelieren. Rechnet man nach dieser von der italienischen Nationalbank selbst verwendete Methode, wäre das Preisdifferential zwischen der Provinz Bozen und dem gesamtstaatlichen Niveau sogar 24%.

Ungleichheiten nehmen etwas ab

29,1% der Arbeitnehmer schätzten die bestehenden Ungleichheiten in Südtirol als ´sehr groß´ ein, 58,8% als ´eher groß´. In früheren Erhebungen war die „wahrgenommene Schere“ noch etwas weiter geöffnet. Bildung, Netzwerke, harte Arbeit, aber auch Glück werden als Faktoren genannt, um in Südtirol die Nase vorn zu haben.


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Zu Jahresmitte 2017 präsentiert sich für die Südtiroler Wirtschaft ein recht positives Gesamtbild: Die Wirtschaft zieht wieder kräftig an – dies bringen auch die Arbeitsmarktindikatoren zum Ausdruck. Von den sieben Stimmungsindikatoren, die im Rahmen des AFI-Barometers erhoben werden, hat sich kein einziger verschlechtert, im Gegenteil: Zwei haben sich deutlich verbessert, einer leicht, vier sind konstant geblieben. Dazu AFI-Direktor Stefan Perini: „Hält dieser Positivtrend auch im der zweiten Jahreshälfte an, wird das AFI die Wachstumsprognose für 2017 von aktuell 1,4% nach oben revidieren“. 

Der wirtschaftliche Aufschwung festigt sich weiter: international, in Europa, und nun auch in Italien. Die italienische Nationalbank erwartet im jüngst veröffentlichten Prognosebericht („Bollettino economico“) für die italienische Wirtschaft im Jahr 2017 sogar ein Wachstum von +1,4%. Auf internationaler Ebene haben die Unsicherheitsfaktoren seit den Wahlen in Holland und Frankreich etwas abgenommen. Viele der Rahmenbedingungen bleiben positiv: geringere Fluktuation auf den Aktienmärkten, niedrige Zinsen, rückläufige Arbeitslosenraten in den meisten EU-Ländern. Allerdings: Die Inflation ist von der EZB-Zielmarke von 2% noch weit entfernt. In Italien ist die Stimmung bei den Unternehmen wesentlich besser als bei den Konsumenten. Die EU-Kommission rechnete noch im Mai für das laufende Jahr mit folgenden Wirtschaftswachstumsraten: USA +2,2%, Eurozone +1,7%, Deutschland +1,6% und Italien +0,9%.

Die Stimmung bei den Arbeitnehmern hellt sich auf

Keiner der sieben Indikatoren, die im Rahmen des AFI-Barometers erhoben werden, hat sich im Vergleich zum Vorjahr verschlechtert, im Gegenteil, zwei zeigen eine deutliche Aufhellung und sind auf ihrem Allzeithoch. Konkret geht es um die ´Erwartete Entwicklung der Arbeitslosigkeit in den nächsten 12 Monaten´ bzw. um die ´Suche nach einem gleichwertigen Arbeitsplatz´. 30,4% der Südtiroler Arbeitnehmer geben an, nur mit Schwierigkeiten über die Runden zu kommen, weil das Geld nicht bis ans Monatsende reicht. Im Zeitvergleich handelt es sich um einen eher niedrigen Wert. Leicht aufgehellt haben sich zudem die Einschätzungen, was die ´finanzielle Situation der eigenen Familie in den nächsten 12 Monaten´ anbelangt.

AFI-Wachstumsprognose voraussichtlich nach oben zu revidieren

Zu Jahresmitte lassen sich die Eckdaten die Wirtschaftsentwicklung in Südtirol betreffend durchaus sehen: Der Positiv-Trend am Südtiroler Arbeitsmarkt hat sich im 1. Halbjahr 2017 gefestigt (Unselbständig Beschäftigte: +3,0%, Erwerbsquote: 71,6%, Arbeitslosenrate: 3,5%). Die Erholung ist nun auch im Baugewerbe in aller Deutlichkeit sichtbar. Die Exporte konnten im 1. Quartal 2017 gesteigert werden (+4,6%), ebenso die Importe (+11,6%). Die touristische Wintersaison schloss mit einem Nächtigungsplus von +0,8% – berücksichtigt man nur die ersten vier Jahresmonate, waren es +1,8%. Die Inflation bleibt mit 2,2% im Schnitt der ersten sechs Jahresmonate nahe der EU-Zielmarke. Negativ hebt sich die Entwicklung am Kreditmarkt ab: Das Kreditvolumen ist in den ersten vier Jahresmonaten leicht gesunken (-2,1%), insbesondere was die Kreditvergabe an Unternehmen betrifft. Die AFI-Wachstumsprognose für die Südtiroler Wirtschaft von +1,4% im Jahr 2017 kann nach heutigem Wissensstand als Untergrenze betrachtet werden.

 


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Vertrauen Südtirols Arbeitnehmer den Banken noch?

“…der eigenen Bank schon, dem Bankenwesen nicht”, fasst AFI-Präsidentin Christine Pichler die Ergebnisse des Sonderteils im AFI-Barometer – Sommer 2017 zusammen. Die AFI-Umfrage zeigt, dass Südtirols Arbeitnehmer grundsätzlich ihrer eigenen Bank vertrauen und ihr guten Service bescheinigen. Das Bankenwesen im Allgemeinen wird misstrauisch gesehen: Es habe einen schlechten Ruf bekommen, sagen 69,0%, es nehme wenig Rücksicht auf die Kunden, sagen 56,2%, und es sei wenig auf das Gemeinwohl ausgerichtet, finden 66,0% der befragten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Christine Pichler: “Die Südtiroler Banken sind traditionell sehr nahe am Kunden und gemeinnützigen Belangen gegenüber äußerst aufgeschlossen – man sieht das an den Genossenschaftsbanken und an einer großen Stiftung. Angesichts des Umbruchs im lokalen Bankensektor ist es wichtig, dass diese Qualität erhalten bleibt“.

Das Sonderthema in der Sommerausgabe des AFI-Barometers beleuchtet diesmal die Einstellung der Arbeitnehmer zu den Banken. Ein heißes Eisen, angesichts der Meldungen über die Rettung der Bankengruppe „Monte dei Paschi di Siena“, der „Banca Popolare di Vicenza“ und der „Veneto Banca“ durch den Staat, was der Staatskasse zusammen gut 17 Milliarden Euro kosten dürfte.  Dazu kommt noch etwas: Aufgrund der neuen “bail-in”-Bestimmungen spielt das Vertrauen der Anteilseigner, der Obligationsinhaber und der großen Anleger in die eigene Bank fortan eine zentrale Rolle, denn es sind ja sie, welche im Fall von Zahlungsunfähigkeit dem Institut mit ihren Einlagen aus der Patsche helfen müssen.

Südtirols Arbeitnehmer vertrauen ihrer Bank

Fangen wir mit der guten Nachricht an: Die Südtiroler Arbeitnehmer haben ein relativ intaktes Vertrauensverhältnis zu ihrer Bank. 17,1% vertrauen ihrer eigenen Bank sehr, 54,4% ziemlich, 20,2% eher wenig und nur 8,3% hegen sehr wenig Vertrauen. Allgemeine Zufriedenheit herrscht auch vor, wenn es um die Beratungsleistungen der eigenen Bank geht: 23,0% finden die Beratung gut und 52,5% finden sie ziemlich gut. Diesem Block gegenüber stehen 15,1% der Befragten, die die Beratung in ihrer Bank weniger gut finden, zusammen mit den 9,5%, die sie überhaupt nicht gut finden.

 Breite Skepsis gegenüber dem Bankenwesen

Und jetzt zur schlechten Nachricht. Das Ansehen der Banken in der Öffentlichkeit finden 69,0% gar nicht gut. Dieses trockene Urteil passt zur Wahrnehmung der Arbeitnehmer, dass die Banken in ihren Entscheidungen zuerst auf ihre eigenen Geschäftsinteressen schauen – das finden 93,4% der Südtiroler Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen – jedenfalls schauen sie mehr darauf als auf das Interesse ihrer Kunden 43,8% und das Gemeinwohl (34,0%).

Schweiz, Norwegen, Deutschland und Schweden führen

“Diese Ergebnisse im AFI-Barometer sind noch aufschlussreicher, wenn man sie in den europäischen Kontext stellt”, sagt AFI-Forscher Friedl Brancalion. “Der ‘Consumer Banking Survey 2016’ von Ernst & Young zeigt, dass die Länder, in denen das Vertrauen in die eigene Bank am meisten ausgeprägt ist, die Länder Schweiz, Norwegen, Deutschland und Schweden sind. Ganz am Ende der Reihung finden wir Staaten, die von den Nachwirkungen der Finanzkrise am meisten betroffen sind, nämlich Spanien, Italien und Irland.”

 

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